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Bemalte Steine werden zum Facebook-Hit

Verden – Ohne Steine in der Tasche geht Alexandra May nicht aus dem Haus. «Überall wo ich bin, bleibt ein Allerstein», erzählt die 33-Jährige aus der niedersächsischen Stadt Verden an der Aller.

Seit April hat die Mutter von drei Kindern nach eigener Schätzung mehr als 200 Steine bemalt und ausgelegt. Der Facebook-Gruppe «Allersteine», die sie gemeinsam mit einer Freundin gegründet hat, sind in wenigen Monaten rund 5000 Menschen beigetreten. Sie alle bemalen Steine und legen sie aus – in der Hoffnung, dass jemand sie findet und sich darüber freut.

Steine auf Facebook posten

«Ich finde es schön, was ein kleiner Stein anrichten kann – Positives», sagt May, die als Pflegehelferin arbeitet. Da die meisten Fans ihre bemalten oder gefundenen Steine auf Facebook posten, könnten andere an den Geschichten teilhaben.

Vor allem im Norden Deutschlands begeistern sich zunehmend mehr Menschen für das Hobby Steine bemalen. Auf Facebook gibt es zahlreiche Gruppen, in denen Menschen selbstbemalte oder gefundene Steine posten. Die Gruppe Küstensteine hat inzwischen rund 25.000 Mitglieder, bei ElbStones sind rund 20.000 Menschen Mitglied. Die Ende April gegründete Gruppe Allersteine wächst ebenfalls. «Wir haben fast täglich 100 neue Mitglieder», erzählt May.

Die Idee hinter den zahlreichen Steine-Gruppen ist immer die Gleiche: Menschen eine Freude machen. «Wer würde sich nicht darüber freuen, an einem tristen Tag irgendwo auf dem Nachhauseweg einen kleinen Stein mit einer süßen Botschaft zu finden?», fragen die Gründerinnen von AllerSteine. So verzieren Fans ihre Steine nicht nur mit Bildern, sondern auch mit Sprüchen wie «Glücklich steht dir gut!!».

Botschaften für andere Menschen

In den USA gibt es schon länger Menschen, die Steine mit Botschaften auslegen. Die Aktivistin Megan Murphy begann nach eigenen Angaben im Jahr 2015 mit dem «Kindness Rocks Project» (Freundliche Felsen Projekt). Inzwischen ist der Trend in Deutschland angekommen. «Als das Kindness Rocks Projekt vor einigen Jahren gestartet wurde, hat es zunächst ganz analog funktioniert. Für die globale Verbreitung war das Internet dann sicherlich entscheidend», sagt der Zukunftswissenschaftler Professor Ulrich Reinhardt aus Hamburg.

Ihm zufolge ist das Gefühl, wildfremden Menschen etwas Gutes zu tun, ein Grund für die Beliebtheit des Hobbys. «Wir leben in Zeiten, wo jeder Lebensbereich optimiert werden soll – sei es die Arbeit, der eigene Körper, die Freizeit, der Schlaf.» Diese Verdichtung werde zunehmend in Frage gestellt. «Gesucht werden wieder die kleinen Freuden des Lebens.» Dies zeige sich auch in der Beliebtheit von Hobbys wie Steinesammeln oder urbanem Gartenbau. «Sie alle geben positive Impulse von Menschen für Menschen.»

Aus Sicht der Professorin Dorothee Weinlich, die an der Hochschule Hannover experimentelle Gestaltung unterrichtet, geht es den Menschen auch darum, Spuren zu hinterlassen. Das Material Stein sei dafür gut geeignet. «Steine sind verlässlich. Sie sind eigentlich überall vorhanden und witterungsfest.» Das Hobby könne den Schaffenden wie auch den Findern kleine Glücksmomente schenken. «Ich finde den Trend ganz bezaubernd. Es ist ein guter Anfang für ein neu gelebtes Miteinander auf ganz einfacher Ebene.» Interessant sei zudem, wie sich das Analoge mit dem Digitalen verbinde.

Möglichst umweltfreundliche Farben

Damit Fotos von den Steinen öffentlich werden und immer mehr Menschen von den Gruppen erfahren, bitten die Verantwortlichen der Netzwerke in der Regel darum, den Gruppennamen und das Facebook-Symbol auf den Stein zu schreiben. Eine weitere Bitte betrifft den Umweltschutz. «Bitte klebt nichts auf die Steine und verwendet möglichst umweltfreundliche Farben», heißt es etwa bei der Gruppe Küstensteine.

Sonja Dölfel vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern sieht in dem Hobby Positives. «Es ist schön, wenn die Menschen durch so etwas dazu animiert werden, wieder mehr auf die Natur um sich zu achten», sagt sie. Wichtig sei aber, sensible Bereiche wie etwa Brutplätze von Vögeln nicht zu stören. «Außerdem sollte auf ungiftige Farben geachtet werden und zum Versiegeln der Farbe idealerweise Leinöl statt Lack verwendet werden.» Zumindest die Unterseite, die mit der Natur in direkte Berührung kommt, sollte nicht lackiert werden. Bis nach Bayern hat sich das Hobby nach Dölfels Eindruck allerdings noch nicht verbreitet. «Vielleicht kommt das ja noch», sagt sie.

Teure Kunstwerke

Die Motive, die in den Facebook-Gruppen gezeigt werden, sind unterschiedlich. Während manche Steine mit bunten Farbtupfern verziert sind, finden sich auf anderen filigrane Kunstwerke. Von den bemalten Steinen, die auf Internetplattformen zu teils stattlichen Preisen verkauft werden, sind sie auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Nur das Facebook-Zeichen auf der Unterseite zeigt, dass ein Stein zu einer Gruppe gehört.

Die Sorge, dass Menschen gefundene Steine verkaufen, wird in der Gruppe AllerSteine schnell als unbegründet zurückgewiesen. «Bemalte Steine werden schon sehr lange angeboten», schreibt eine Nutzerin. Andere erzählen, dass sie durch den Verkauf das Hobby finanzieren, schließlich seien die Farben teuer.

Ein Blick auf die Geschichte der Menschheit hilft auch, denn Steine bemalen ist kein neues Phänomen. Mehrfach fanden Wissenschaftler Zehntausende Jahre alte Zeichnungen in Höhlen. Diese Steinmalereien gehören zu den ältesten Kunstwerken der Welt.

Fotocredits: Carmen Jaspersen
(dpa)

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